24.4.2016

Hobby-Forscher untersuchen Vogelsbergbäche

Untersuchung von Ohm, Gilgbach und Streitbach

Seit altersher haben fließende Gewässer zum Philosophieren angeregt. Berühmt ist  der auf Heraklit zurückgeführte und schon leicht abgegriffene Aphorismus : “Man steigt nie zweimal in den gleichen Fluss “, oder kurz : panta rhei , alles fließt.

Diesem Zauber der Gewässer sind auch zwei Naturfreunde erlegen. Seit 2014 folgen Karl-Heinz Büttner und Paul-Walter Löhr, zwei Naturfreunde des NABU Wettsaasen, den Verläufen der heimischen Bäche und Flüsse. Allerdings sind die Gespräche über “Gott und die Welt “ eher ein Nebenprodukt. Das Hauptaugenmerk der beiden Spezialisten für Botanik (Pflanzenkunde) und Entomologie (Insektenkunde) richtet sich auf alles, was in und an den Bächen wächst, krabbelt und fliegt.

Als leidenschaftlicher Laien-Botaniker freute sich Karl-Heinz Büttner über so manche überraschende Entdeckung. Neben den häufig am Bachufer anzutreffenden Schwarzerlen, Bruchweiden und Eschen fand er Exemplare der selten gewordenen Bergulmen und sogar Flatterulmen, sowie Türkenbundlilien, Gemeinen Hopfen, Gelben Eisenhut und Aronstab. Sie gehören zu den nicht alltäglichen Pflanzen, die an den untersuchten Bächen nachgewiesen werden konnten.

Die Entdeckung der sehr seltenen Tanzfliege "Megacyttarus tephraea" war ein Highlight für den Entomologen Paul Walter Löhr, sie wurde deutschlandweit erst wenige Male nachgewiesen. Als Experte konnte er u.a. außerdem Exemplare der Pilzkopf-Köcherjungfer, der Langbeinigen Uferfliege und der Dänischen Eintagsfliege bestimmen. Im Quellbereich der bisher untersuchten Bäche leben der seltene Alpenstrudelwurm und die ebenfalls seltene Rhön-Quellschnecke. Die Flussnapfschnecke und die blaue Prachtlibelle dagegen sind relativ häufig anzutreffen.

Seit 2014 sind die beiden "Bachläufer" unterwegs. Zunächst wurden Gilgbach und Streitbach unter die Lupe genommen, im Jahr 2015 die Ohm. In diesem Jahr wird der Seenbach erkundet. Neben den Beobachtungen messen Büttner und Löhr die jeweilige
Wassertemperatur, den pH Wert und die elektrische Leitfähigkeit. Wasserproben werden von Dr. Martin Reiss an der Uni Marburg untersucht. Ergebnisse und Interpretationen stehen noch aus, jedoch  können die beiden Spezialisten aufgrund ihrer Funde schon jetzt Rückschlüsse auf die Wasserqualität ziehen. Der Bachflohkrebs kommt beispielsweise nur
in sauberem Wasser vor. Menschliche Einflüsse haben direkte Auswirkungen auf die Vielfalt der Vegetation und der Tierwelt, wenn z.B. Gärten und Felder nahe an die Bäche heranreichen, wenn Kläranlagen oder Müllablagerungen in der Nähe oder die Flussläufe
begradigt sind. So kamen  Bachforellen nur vereinzelt vor, und glaubt man den Berichten der  älteren Vogelsberger, waren diese Fische in den Bächen in den 50er und 60er Jahren
überaus zahlreich.

Auch die Vogelwelt hat einiges zu bieten.
Zaunkönig, Bachstelze und Gebirgsstelze konnten von den beiden Forschern  häufig beobachtet werden, während Schwarzstorch, Eisvogel und Wasseramsel eher selten gesichtet wurden.


Wenn man die Bedeutung von sauberem Wasser betrachtet, das uns aus dem tiefen Basaltgestein des Vogelsberges reichlich zufließt, so ist es erstaunlich wie selbstverständlich unsere Bäche und Flüsse ge- und benutzt werden. Mit ein wenig Rücksicht auf das labile Gleichgewicht der Natur im Bereich der Gewässer, mit genügend
Abstand vom Bach bei Düngung und Ablagerung von Müll, bei sorgfältigem Umgang mit dem wertvollen Nass kann die einzigartige Flora und Fauna im heimischen Bereich zum Nutzen aller geschützt und erhalten werden.

Paul-Walter Löhr am Binokular

Text: Karin Brand

Foto:Paul-Walter Löhr

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